Mehrere Artikel im MaintalTagesanzeiger:
MTA vom 1.9.: „Aufwertung der Ortsmitte“ (Szenario I), vom 3.9.: „Entwicklung einer zentralen Stadtachse“ (Szenario II), vom 6.9.: „Konzentration in neuer Mitte“ (Szenario III),
vom 9.9.: „Gruppe erarbeitet eigenes Szenario“
Vom Frankfurter Planungsbüro „Ammon und Sturm“ wurden insgesamt drei Szenarien entwickelt, die sich mit der zukünftigen Entwicklung Maintals befassen, und die von einer Arbeitsgruppe aus 20 Maintaler Bürgerinnen und Bürgern bewertet wurden. Die Ergebnisse wurden am 8. September im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung aller Ausschüsse des Stadtparlaments im Bischofsheimer Rathaus präsentiert.
Das erste Szenario betont zum Beispiel die Wichtigkeit und den Erhalt der Landschaftsräume rund um Maintal und charakterisiert die „Grüne Mitte“ als eine „grüne Oase“ und einen „attraktiven Landschaftsraum“.
Problematischer wird es allerdings, wenn das Planungsbüro postuliert, dass die beiden Sportgelände an der Eichenheege und an der „Dicken Buche“ zu Wohnbauflächen umgewandelt werden sollten: sehr ungenau wird fabuliert, dass „das Umfeld des Maintalbades durch neue Sportanlagen aufgewertet und belebt werden (könnte).“ Im Klartext bedeutet dies die Vernichtung des zentralen Teils des Maintaler Landschaftsschutzgebietes „Grüne Mitte“, und dies entspricht im Wesentlichen auch den Vorstellungen der beiden großen Parteien im Stadtparlament.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
So forderte etwa der SPD-Vorsitzende Sebastian Maier noch im Tagesanzeiger vom
1. September für die „Grüne Mitte“:
„Wir wollen eine Sportanlage, die auch andere Sportarten wie Tennis und Leichtathletik berücksichtigt.“
Wobei es unklar bleibt, wer denn in diesem Falle mit dem „WIR“ gemeint ist: benutzt Sebastian Maier hier etwa den Pluralis Majestatis? Oder meint er vielleicht seine Partei?
Insbesondere das dritte Szenario ist jedoch ein Beispiel ignoranter „Stadtplanung“ unter gröblicher Nichtbeachtung ökologischer Grundprinzipien und gipfelt in einer utopischen Horrorversion Huxleyschen Ausmaßes („Schöne neue Welt“):
„Damit diese neue Mitte mehr wird als ein Verwaltungs-, Sport- und
Kulturzentrum auf der grünen Wiese, würden dort auch umfangreiche
Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Wohnnutzungen realisiert werden“ …
Während auch alle Erkenntnisse hinsichtlich des Mikroklimas in unserer Stadt außer Acht gelassen werden, lässt dieses Szenario auch unberücksichtigt, wie eine fast bankrotte Stadt diese „Schöne neue Welt“ finanzieren könnte.
Stadtplanung und Architektur können niemals Selbstzweck für die Planer sein, sie tragen Verantwortung hinsichtlich ihrer gestalteten Projekte für die Menschen, die in und mit ihnen leben müssen. In diesem Falle bedeutet das dritte Szenario für Maintal ein eindeutiges Vergehen an Mensch und Natur, denn jede planerische Maßnahme hat sich nach ethischen, moralischen und rechtlichen Grenzen zu richten, die sich die Gesellschaft selbst gesetzt hat.
Im Grunde werden in allen drei Szenarien alle bisherigen Erkenntnisse hinsichtlich Natur- und Artenschutz in der „Grünen Mitte“, die in verschiedenen Studien klar und deutlich genannt wurden und die Einklang in die Landschaftsplanung fanden, ignorant vom Tisch gewischt.
Umso überraschender gestaltete sich die Präsentation der Beratungsergebnisse, denn die Arbeitsgruppe zum Bürgergutachten legte sich nicht auf eines der vorgegebenen Szenarien fest, sondern erläuterte selbstbewusst eine vierte Entwicklungsmöglichkeit.
In diese flossen zwar Teile der ersten beiden Szenarien ein, das dritte jedoch wurde aufgrund seiner zerstörerischen Auswirkungen abgelehnt.
Der NABU Maintal begrüßt eindeutig die Empfehlungen der Gruppe, das Landschaftsschutzgebiet „Grüne Mitte“ in seiner jetzigen Form aufgrund seiner ökologischen Wertigkeit zu erhalten, keine Bebauung jeglicher Art vorzunehmen und keine Sportstätten anzulegen. Es soll lediglich eine behutsame Entwicklung stattfinden, wie zum Beispiel die Anlage neuer Wege und eine bessere Beleuchtung.
Die Empfehlungen beinhalten ebenso eine Auflösung der Sportstätten an der Eichenheege, den Verkauf der Fläche sowie die Prüfung dreier alternativer Standorte für eine neue Sportstätte: „außerhalb der ‚Grünen Mitte’“, wie die Arbeitsgruppe betont.
Hier jedoch wird es problematisch, und eine Nachbesserung wäre dringend empfehlenswert: zwar liegen zwei Flächen außerhalb der „Grünen Mitte“ („Dicke Buche“ und der Bereich am östlichen Ortsrand gegenüber des Real-Marktes), der dritte Standort jedoch südlich der Bahnlinie liegt ebenfalls mitten im Landschaftsschutzgebiet und ist Überschwemmungsgebiet.
Der NABU Maintal favorisiert eindeutig den Standort zwischen Kennedystrasse und Kesselstädter Weg und hat dies bereits in einer früheren Stellungnahme ausführlich begründet. Überdies hält der NABU auch noch andere ökologisch weniger sensible Flächen im Stadtgebiet hierfür geeignet.
Da dieses neue Bürgergutachten nicht unbedingt in allen Bereichen den Vorstellungen der beiden großen Parteien entspricht, darf man gespannt sein, wie diese hierauf reagieren.
Eine verantwortungsvolle und nachhaltige Lokalpolitik, die im Einklang mit ihren Bewohnern und der sie umgebenden Natur steht, und die nicht beide in unverantwortlicher Weise gegeneinander ausspielt, kann es sich eigentlich nicht leisten, die relevanten Kernaussagen des Bürgergutachtens nicht zu beachten.
Maintal braucht jetzt nur noch die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker, um die entscheidenden Empfehlungen der Arbeitsgruppe realisieren zu können.
Informationen zur Arbeit der NABU-Gruppe Maintal finden sich unter
www.nabu-maintal.de .
Hanns P. Golez
(Erster Vorsitzender NABU Maintal)